Konnichiwa!
Wir haben unsere Zelte in Osaka abgebrochen und sind weiter nach Osten gereist. Da wir auch etwas abseits der ausgetretenen Touristenpfade wandeln wollten, haben wir uns als nächstes Ziel Nagoya ausgesucht. Diese Stadt ist eines der Hauptindustriezentren des Landes. Autofirmen wie Toyota und Lexus haben hier ihren Hauptsitz. Abgesehen davon, dass wir etwas ungewöhnlicheres neben dem ganzen Touristentrubel machen wollten, gab es eigentlich keinen konkreten Faktor für unsere Entscheidung nach Nagoya zu gehen. Die Stadt lag einfach relativ mittig zwischen Osaka und unserem nächsten Ziel, also entschieden wir uns, dort als kurzen Zwischenstopp drei Tage zu verbringen.
Von Osaka sind wir mit dem Bummelzug knapp fünf Stunden (inklusive einmal Umsteigen und ca. 30 Minuten Wartezeit) nach Nagoya gefahren. Dort angekommen haben wir recht schnell unsere Unterkunft aufgesucht… oder wollten Sie aufsuchen. Wir sind nach einem 15-minütigen Fußmarsch durch den Regen nämlich zum falschen Hotel gelaufen. Tatsächlich gibt es in Nagoya zwei Hotels derselben Kette mit demselben Namen. Die Dame am Empfang war an solche Fälle wohl bereits gewöhnt und beschrieb uns den Weg zu unserem Hotel. Außerdem meinte sie, dass wir, wenn wir die öffentlichen Verkehrsmittel nehmen wollen, vermutlich genauso lange durch den Regen laufen müssten, um zu dem anderen Hotel zu kommen, da die Haltestellen von beiden Hotels relativ weit entfernt sind. Sie gab uns immerhin einen ausgedruckten Zettel mit und wir machten uns nach einer kurzen Verschnaufpause wieder auf den Weg zu unserer eigentlichen Unterkunft. Nicht zu erwähnen, dass wir nach der Zugfahrt und 45 Minuten Fußmarsch durch den Regen mit unserem gesamten Gepäck entsprechend erschöpft im Hotel ankamen und außer Duschen und etwas zu essen nicht mehr viel gemacht haben.
Ersteindruck der Stadt
Soweit wir das beurteilen können, haben wir in Nagoya absolut KEINE anderen deutschsprachigen Touristen getroffen. Das ist bisher auf dieser Reise noch nie vorgekommen. Egal wo wir zuvor waren, irgendwann hat man immer ein paar Fetzen deutsch aufgeschnappt. Auch war Nagoya generell nicht so sehr auf Touristen ausgelegt wie Osaka, Nara und Kyoto. Hier war auch weniger als an bisherigen Reisezielen auf Englisch beschrieben, sodass wir häufiger auf die Hilfe des Google Übersetzers angewiesen waren. Woran man auch gemerkt hat, dass Nagoya nicht so sehr auf Touristen ausgelegt ist, haben wir zum Beispiel an den Hallen mit den Greifautomaten gesehen. Diese gibt es zwar überall in Japan, aber in Nagoya hatte man nicht das Gefühl so sehr abgezockt zu werden, wie an den Touristenhotspots. Hier haben sogar Julia und ich hin und wieder etwas Glück gehabt und das eine oder andere Plüschtier herausgezogen.
Sehenswürdigkeiten
Das Nagoya Castle, welches von 1610 bis 1619 gebaut wurde, sieht fast genau wie das berühmte Osaka Castle aus. Wichtiger Unterschied für uns ist, dass hier deutlich weniger Besucher als in Osaka waren. Eine historische Besonderheit sind die beiden über zweieinhalb Meter hohen, vergoldeten Shachihikos (oder Shachis), auf dem Dach des Schlosses. Diese Kreaturen sind Seemonster mit dem Körper eines Karpfens und dem Kopf eines Tigers. Doch warum bringt man Seemonster auf dem Dach eines Palastes an?
Die kurze Version ist, dass der Palast bereits einmal fast komplett niederbrannte und diesen mystischen Wesen nachgesagt wird in Ihren Bäuchen eine Menge Wasser zu sammeln und sowohl Regen als auch Wolken zu kontrollieren. Sie dienen an der Position auf der Spitze des Palastes also als Schutz gegen erneutes Ausbrechen eines Feuers. Diese Shachis sind zugleich auch Maskottchen von Nagoya.
Zusätzlich konnte man vor dem Schloss noch den Hommaru Palast besuchen. Dieser wurde ebenfalls niedergebrannt und aufwendig wieder restauriert. Der Palast war im Vergleich zum Nagoya Castle bescheiden aus Holz und mit kunstvoll bemalten dünnen Papierwänden gebaut. Dennoch sah man, dass auch in der Restaurierung sehr viel Handwerkskunst steckte.
Außerhalb des Palastes sieht man die Statue eines Japaners auf einem Stein stehen. Der Legende nach stand auf genau diesem Stein der kaiserliche Architekt und überwachte den Bau der Burgmauer. Von dort hatte er einen guten Überblick und konnte den Arbeitern seine Befehle zurufen.
Auf dem Heimweg liefen wir noch am Nagoya Science Museum vorbei, da es auf direktem Weg zu unserer Unterkunft liegt und durch seine besondere Architektur beeindruckt.
Wir besuchten noch den Osu Kannon Tempel, der mitten in Nagoya liegt. Außerdem sind wir noch durch die Einkaufsstraße Osukannon Dori gelaufen, die sich direkt neben dem Tempel befindet. Tempel und Markt waren soweit ganz nett, aber müssen für einen Besuch in Nagoya nicht zwingend auf der Liste stehen, da man vermutlich schönere Tempel und Einkaufsstraßen in Tokio und Osaka finden kann.
Eigentlich wollten wir noch einen Tagesausflug nach Tokoname, in das Dorf der Töpferer unternehmen, aber leider hat uns hier mal wieder das Wetter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Daher haben wir uns kurzfristig entschieden, das Toyota Commemorative Museum zu besuchen. Das Museum unterteilt sich in die zwei Bereiche. Den der Webmaschinen, da Toyota den Grundstein seines Erfolgs mit der Herstellung von Textilien legte, und in den vermutlich bekannteren Bereich der Automobilherstellung.
In beiden Bereichen sieht man viele verschiedene Maschinen und vor allem bei den Webmaschinen zeigen die Angestellten dort viele Anwendungsbeispiele oder haben sie extra für uns einmal angeschaltet, um zu Zeigen, wie der Prozess von der Baumwollblüte bis zum fertigen Stoffprodukt abläuft und wie sich die Maschinen im Laufe der Zeit entwickelt haben. Tatsächlich war dieser Teil sogar etwas spannender als die letztendliche Automobilherstellung. Jedoch gab es auch in diesem Ausstellungsraum viele riesengroße Pressen und Roboterarme, die zur Herstellung eines Autos nötig sind. Daher war auch diese Ausstellung entsprechend beeindruckend.
Anschließend haben wir noch ein weiteres (überdachtes) Einkaufszentrum besucht. Oasis 21 sieht optisch sehr schick aus, leider finden hier aufgrund der Bauweise und des darüberliegenden Busbahnhofs nicht allzu viele Geschäfte Platz. Entsprechend schnell hatten wir diesen Punkt abgehakt. Allerdings haben wir hier aufgrund des Regens einen super Regenschirm für knapp 3€ gekauft. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ungeschlagen!
Tatsächlich gab es für uns gar nicht so viel mehr in Nagoya zu sehen. Es ist, wie bereits erwähnt, auch kein gewöhnlicher Touristenhotspot und die drei Tage, die wir dort verbrachten haben gut gereicht, um alles anzusehen, was wir wollten (abgesehen von dem Dorf der Töpferer. Aber vielleicht gibt es ja irgendwann noch eine nächste Reise nach Japan, in der wir es schaffen, dort vorbeizusehen.)
Kulinarik
Praktischerweise fand vor dem Nagoya Castle eine Art Festival statt, an dessen Essensständen wir uns mit einem Okonomiyaki-Spieß und einem riesigen Shrimp-Cracker mit Ei, Käse und ein paar Soßen (leider haben wir den Namen vergessen) versorgt haben.
Eine besondere Erfahrung war es auch, Ichiran zu besuchen. Diese Ladenkette gibt es häufiger in Japans Großstädten und das Besondere ist, dass man hier in Ruhe essen kann, ohne ein Wort zu sprechen (sofern man das möchte). Bestellt wird über einen Automaten am Eingang. Eine elektronische Anzeige verrät einem, wenn Sitze frei sind. Dann sitzt man an einem langen Tresen mit eigenem Zapfhahn für stilles Wasser (andere Getränke kann man sich mit seinen Ramen am Eingang bestellen). Links und rechts von einem befinden sich Sichtschirme. Neben dem Sichtschirm hängen einige hölzerne Textsteine, die man bei Bedarf dem Personal zeigen kann, damit nicht gesprochen werden muss. Dann wird eine Art Rollo auf der anderen Seite des Tresens hochgezogen und man gibt dem Personal den Zettel mit der Bestellung aus dem Automaten. In wenigen Minuten steht das gewünschte Gericht vor einem und der Rollo wird wieder hinuntergelassen. Die Ramen waren sehr gut und bei Bedarf kann man auch den seitlichen Sichtschutz einklappen, um sich leise mit seinem Nachbarn zu unterhalten. Generell war das jedoch eine ganz besondere Erfahrung für uns, da es einmal etwas komplett anderes ist als gewöhnlich.
Wenn sich Julia das Essen aussuchen konnte, gingen wir eigentlich fast immer Ramen essen. Lukas wollte aber auch unbedingt einmal ein lokales Gericht aus Nagoya versuchen. Daher gingen wir am nächsten Tag in eine traditionelle Gaststätte und wir versuchten Hitsumabushi. In der Gaststätte wurde man gefragt, ob man in den Raucher oder Nichtraucherbereich möchte. Dann wurden wir zu einem niedrigen Tisch geführt und saßen auf dem Boden. Hitsumabushi ist ein gegrillter und marinierter Süßwasseraal auf Reis, den man in drei Stufen verspeist. Fast wie ein kleines drei-Gänge-Menü.
Zuerst vermischt man den Aal mit dem Reis. Das ist die erste Stufe. Nachdem etwa ein Drittel verzehrt ist, mischt man das beiliegende Gemüse ebenfalls mit in die Schüssel. Für das letzte Drittel schüttet man die beigestellte Brühe in die Schüssel mit dem Aal, dem Reis und dem Gemüse. Tatsächlich hat jeder „Gang“ etwas anders geschmeckt. Am besten fand Lukas jedoch den Süßwasseraal mit Reis und Gemüse, da die Brühe den Marinadengeschmack etwas schwach werden ließ. Auch wenn der Preis für das Hitsumabushi noch einmal deutlich über dem Durchschnitt von unseren gewöhnlichen Gerichten lag, war es eine Erfahrung wert.
Weitere Eindrücke von Nagoya
Hier hat uns etwas die Lust an den Greifmaschinen gepackt, da auch eine Spielhalle nur wenige Minuten von unserer Unterkunft entfernt war. Dort gab es massenhaft Plüschtiere, Anime-Figuren, Schlüsselanhänger, Süßes, etc. zu gewinnen. Im Stockwerk darüber war eine Videospielhalle, die eigentlich immer gut besucht war. Es gab Tanzflächen, Trommeln, DJ- und Bus-Simulatoren und noch viel mehr. Die Japaner, die dort gespielt haben, waren richtig gut und an jedem Gerät stand zur Abkühlung ein kleiner Ventilator. Wenn man Ihnen etwas zugesehen hat, hat man auch verstanden, warum. Sie waren so gut und haben sich teilweise so sehr hineingesteigert, dass sogar bei einem Gitarren-Simulator die Schweißtropfen herumgeflogen sind. So extrem haben wir das anderswo noch nicht erlebt. (Wir waren leider auch nicht gut genug, um überhaupt ins Schwitzen zu kommen :D)
Nagoya war eine spannende Stadt, die man nicht unbedingt bei seiner Japanreise auf dem Schirm hat. Wenn man jedoch eine Großstadt auf der Insel besuchen möchte, die etwas weniger touristisch ist, kann man auch hier gut einmal einige Tage als Zwischenstopp verbringen. Vor allem, wenn die Besucherzahlen am Osaka Castle gerade am Explodieren sind, findet man hier auch (fast) einen würdigen Ersatz.
Unser Ziel nach Nagoya ist die Hauptstadt Japans und das derzeit größte Ballungszentrum der Welt. Wir haben etwa eineinhalb Wochen in Tokio verbracht und auch dort einiges erlebt. Sei gespannt, wie es weitergeht.
Schöne Grüße
Lukas und Julia