Wie ist es eigentlich alleine zu reisen?
Lukas war vor einigen Jahren zumindest einmal knappe vier Wochen alleine in Asien unterwegs. Wie es ihm in dieser Zeit erging und welche Tipps er für dich zu diesem Thema hat, hat erzählt er dir hier. (Daher ist er auch in der Ich-Perspektive verfasst.)
Vor ein paar Jahren war ich im Anschluss an mein Auslandssemester noch für ein paar Wochen in Asien unterwegs. Gestartet sind wir gemeinsam in Tokio. Nach ein paar Tagen trennten sich aber die Wege von mir und meiner Begleitung, da wir uns andere Ziele ansehen wollten. Ich blieb noch einige Zeit alleine in Japan. Dann führte mich mein Weg nach Singapur, Kambodscha und Bangkok, wie ich bereits in einigen Beiträgen berichtet habe. Außerdem war ich auch einige Tage alleine in Vancouver, Kanada.
Als ich diesen Abschnitt meiner Reise geplant habe, hatte ich ziemlich viel Respekt davor. Schließlich war ich noch nie länger alleine unterwegs. Ich habe mich gefragt, ob alles gut geht und ob es sicher ist, und …. ehrlich gesagt, habe ich mir davor allgemein ziemlich viele Gedanken gemacht. Letztendlich hat aber alles gut funktioniert. Der Mensch ist eben eher ein Rudeltier und fühlt sich daher in einer Gruppe am wohlsten.
Meine erste Empfehlung für dich als potenziellen Alleinreisenden ist daher:
Trau dich einfach
Absolut nichts spricht dagegen, alleine zu reisen. Es gibt jedoch einige veränderte Rahmenbedingungen im Vergleich zum Reisen mit mehreren Personen. Diese Vor- und Nachteile verrate ich dir im weiteren Verlauf.

Alleine Reisen – Vorteile
Freiheit und Flexibilität
Du kannst den Urlaub zu 100 % nach deinen Vorstellungen gestalten. Spontan Pläne verwerfen und neue machen oder nach deinem eigenen Zeitplan leben. Häufig sind Reisen in größeren Gruppen ein Kompromiss, der auch einiges an Planungsaufwand benötigt. Je größer die Gruppe, desto unterschiedlicher die Interessen. Bist du alleine unterwegs, musst du keine Rücksicht auf die Wünsche anderer nehmen. Gefällt dir ein Ort oder eine Unterkunft nicht, bist du genauso frei, einfach weiterzuziehen und etwas Neues zu suchen. Alleine (oder maximal zu zweit) findet man auch deutlich leichter ein freies Zimmer als in einer Gruppe.
Selbstentdeckung – finde dich selbst
Damit stärkst du nicht nur deine Unabhängigkeit, sondern lernst dich selbst besser kennen. Du hast viel Zeit für dich und deine Gedanken. Überlege, was dir wichtig ist und was sich für dich gut anfühlt. Zudem kannst du losgelöst aus deinem Alltag besser über verschiedene Situationen und Erlebnisse reflektieren. Wir leben in einer reizüberfluteten, stressigen Welt. Es wird unterwegs auch zu Situationen kommen, mit denen du das erste Mal alleine zurechtkommen musst. Daran wirst du wachsen und in einigen Fällen die Welt nie wieder so sehen wie zuvor.
Neue Kontakte knüpfen
Alleine unterwegs fällt es dir häufig leichter, Leute kennenzulernen. Unterwegs in der Gruppe bist du bis zu einem gewissen Grad isoliert. Alleine kostet es dich häufig nur ein wenig Selbstüberwindung und schon kannst du spannende Kontakte zu Einheimischen und anderen Reisenden knüpfen. Je mehr man sich darauf einlässt, desto einfacher wird es mit der Zeit. Außerdem gibt es auch noch andere alleinreisende, welche häufig auch nicht abgeneigt sind, ein-zwei Ausflüge gemeinsam zu unternehmen.
Hohe Lernkurve
Da du auf dich alleine gestellt bist, hast du eine extrem hohe Lernkurve. Egal in welchem Land, welchem Ort oder welcher Situation. In irgendeiner Weise wirst du etwas dazulernen. Am meisten über das Land, in dem du dich gerade versuchst, zurechtzufinden. Jedoch auch über andere Leute, die du unterwegs triffst und die dir eventuell Geschichten erzählen oder Tipps geben.
Egal ob für deine Orientierung, Social Skills, Sprache, Geografie oder das bessere Kennenlernen deiner selbst. Irgendwas wird nach einer Reise alleine immer besser sein als vorher. Diesen Effekt hat man zwar auch, wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, ich finde aber, dass man ihn dann nicht ganz so stark bemerkt.
Gestärktes Selbstvertrauen
Wenn du alleine unterwegs bist und Herausforderungen auf eigene Faust meisterst, kann das dein Selbstvertrauen erheblich steigern. Das kann schon dabei anfangen, dass du dich überwunden hast, die Reise im Alleingang durchzuziehen, aber auch bei Situationen, die während deiner Reise auftreten. Alleine kannst du schließlich auch keine Verantwortung an Mitreisende abgeben. Du bist für alles verantwortlich, was sich aus diesem Trip ergibt.
Das klingt zu Beginn vielleicht etwas beängstigend, aber ist in der Praxis ein schönes Gefühl. Zudem verbesserst du auch das Treffen deiner Entscheidungen. Wenn du dich den ganzen Tag nicht überwinden kannst, irgendwo hinzugehen oder nicht entscheiden kannst, zu welcher Sehenswürdigkeit du zuerst willst, kommst du schließlich gar nicht aus deiner Unterkunft heraus. Schon alleine deshalb MUSS dein Selbstvertrauen auf ein gewissens Niveau kommen.

Alleine Reisen – Nachteile
Einsamkeit
Man muss auch bedenken, dass man alleine unterwegs auch wirklich die meiste Zeit alleine verbringt. Das kann dazu führen, dass du die Gesellschaft von Freunden und Familie vermisst. In extremen Fällen kann das sogar zu starkem Heimweh führen. Hier haben wir einen Beitrag, was du gegen Heimweh tun kannst. Mir persönlich hat es von Zeit zu Zeit auch gefehlt, schöne Momente mit jemandem zu teilen. Auf der anderen Seite kann es auch mal schön, sein in einem Café oder Restaurant zu sitzen und einfach die Leute zu beobachten oder zu lesen.
Kosten
Einer der größten Nachteile, wenn man alleine unterwegs ist, sind die Kosten. Schließlich hat man niemanden, um sich die Kosten für den Transport, den Restaurantbesuch oder die Unterkunft zu teilen. Mittlerweile bin ich aus dem Alter draußen, in einem Zehnbett-Hostelzimmer zu übernachten. Das mag für ein-zwei Nächte notfalls noch funktionieren, aber plane ich vier, fünf oder noch mehr Tage an einem Ort ein, möchte ich ein eigenes Hotelzimmer mit etwas Privatsphäre haben. Entsprechend teurer wird die Reise.
Sicherheit
Alleine ist man unter Umständen anfälliger für unangenehme Situationen. Taschendiebe oder Räuber könnten hier ein leichteres Ziel als in einer Gruppe sehen. Vor allem in unbekannten oder unsicheren Gebieten. Um das zu vermeiden, solltest du dich vorher immer gut über deine Reiseziele informieren. In diesem Beitrag siehst du, wie wir das machen. Außerdem ist es alleine etwas umständlicher, sein Gepäck im Blick zu behalten. Hier gilt daher auch der Rat, mit möglichst wenig Gepäck zu reisen. Solltest du dich allgemein unwohl fühlen, kannst du auch Passanten ansprechen, die dich unterstützen. Entsprechend solltest du auch wenig besuchte Orte und dunkle Gassen meiden, wenn du alleine unterwegs bist.
Stress
Wenn du nicht der Typ für eine Alleinreise bist, kann dich das Ganze auch regelrecht stressen. Ständig musst du Entscheidungen treffen, hast vielleicht nicht weit vorausgeplant und suchst noch eine Unterkunft für die Nacht oder musst das nächste Restaurant finden, das um diese Zeit noch offen hat. Obendrein hast du noch keine Fahrt zu der Sehenswürdigkeit morgen vereinbart. Entscheidungen über Entscheidungen warten darauf, von dir getroffen zu werden. Reist man mindestens zu zweit, kann man diese Recherchearbeit und die Entscheidungen zumindest ein wenig aufteilen.
Es kann dich vielleicht auch stressen, dass irgendwelche Straßenverkäufer dich von allen Seiten anquatschen oder deine Bankkarte nicht funktioniert und du jetzt nur noch die Ersatzkarte hast. Wie du siehst, gibt es auch auf einer Soloreise genügend Ansätze, die Stress auslösen können. Nimm dir Auszeiten und versuche entspannt zu reisen. Falls das deine ersten Reise alleine ist, kannst du ja erstmal ein paar Tage in deinem Heimatland alleine ausprobieren ob dir das überhaupt liegt.
Fehlende Unterstützung
Du solltest auch bedenken, dass dir in schwierigen Situationen die Unterstützung und Hilfe von Reisebegleitern fehlen kann. Wirst du beispielsweise krank, hast du niemanden, der sich um dich kümmert oder dir hilft, medizinische Versorgung zu finden. Bis zu einem gewissen Punkt bist du dann auf die Unterstützung von Hostel/Hotelmitarbeitern oder Einheimischen (oder kurzzeitigen Reisebegleitern) angewiesen.
Auf Balis Nachbarinsel Nusa Penida gibt es einige schöne Strände, die man nur über einen recht gefährlichen Abstieg erreicht. Wir machten uns gerade an den Abstieg, als ein Roller mit einem von oben bis unten bandagierten Mann vorfuhr und wir hörten, wie er sich bei den Besitzern des kleinen Getränkestands bedankt, dass sie ihn gerettet haben. Sicher sind wir uns hier nicht, aber vermutlich war das ein Alleinreisender, der beim Abstieg verunglückt ist und von den Einheimischen gerettet wurde. Das hätte aber auch anders ausgehen können. Auch beim alleine Reisen solltest du dich also besser daran halten: Vorsicht ist besser als Nachsicht.
Fazit
Wenn ich darüber nachdenke, was ich auf meiner Zeit alleine am schwierigsten fand, bin ich der Meinung, dass man schöne Momente meist nicht wirklich mit jemandem teilen konnte. Oft saß ich (alleine) beim Essen im Restaurant oder Hotel und habe den Tag noch einmal in meinem Kopf durchgespielt. Ich habe auch festgestellt, dass es mir am Ende zunehmend schwieriger war.
Am Anfang hat es mir noch nicht so viel ausgemacht, aber je mehr ich (alleine) erlebt hatte, desto weniger konnte ich mich auch selbst darüber freuen. Länger als vier Wochen möchte ich also ungern alleine unterwegs sein. So ehrlich muss man schon sein.
Nach der Zeit alleine war ich auch wirklich froh, wieder bekannte Gesichter zu sehen und Deutsch zu sprechen. Mir wurde erst danach so richtig bewusst, dass ich in dieser Zeit auch mit keinem Menschen von Angesicht zu Angesicht Deutsch gesprochen habe. Wenn, dann nur beim Telefonieren oder Texten. Das hat mir als kommunikativen Menschen schon sehr gefehlt.
In Kambodscha kam ich auch einmal in eine unangenehme Situation, in der mich ein Mann mit seinem Tuktuk an einen anderen Ort als vereinbart fuhr. Vermutlich hätte ich mir einen Fahrer über die Unterkunft organisieren sollen. (Mittlerweile gibt es dafür immerhin Apps.) In meinem Fall stellte sich das eher als ein Missverständnis heraus. Für einen kleinen Aufpreis von fünf Dollar brachte er mich dann doch zu meinem ursprünglichen Ziel. Die fünf Dollar waren vermutlich überteuert, aber ich war auch froh, dass nicht mehr passiert ist.
Ich bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen konnte, da sie mich auch bei meinen anderen Reisen zusammen mit Julia dazu geführt hat, dass ich mich auch alleine schnell zurechtfinde und weiß, worauf ich achten muss. Generell habe ich auch keine Angst, „verloren zu gehen“ oder mich nicht verständigen zu können.
Ich glaube, diese Zeit alleine hat mich zu einem besseren Reisenden gemacht und von dieser Erfahrung profitiere ich auch heute noch. Allerdings ist mir auch aufgefallen, dass ich sehr gesellig bin und besondere Momente gerne teile. Entsprechend ziehe ich eine Reise zu zweit der Reise alleine vor. Jedoch spricht nichts dagegen, sich auf der Reise einmal ein-zwei Tage nicht zu sehen, falls man verschiedene Sehenswürdigkeiten besichtigen möchte.
Nächste Woche gibt es noch einige Infos über gut geeignete Länder für deine Solo-Reise, ein paar Tipps und einige offene Fragen, die diesen Beitrag hier etwas zu lange gemacht hätten. Ich hoffe, das Lesen hat dir Spaß gemacht und dir ein wenig die Bedenken vor einer Reise alleine genommen.
Bis nächste Woche!
Lukas (und Julia)
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